Die »Archäologische Zeitmaschine« - Making-Of
von Anna Lammers
Die Idee zum Projekt entstand im Sommer 2017, als Vertreter:innen der LWL-Archäologie für Westfalen und der Altertumskommission für Westfalen zusammensaßen und etwas übermütig Pläne für ihr 125jähriges Jubiläum schmiedeten.
Neue Wege der Wissensvermittlung wollten sie beschreiten – und zwar mit drei VR-Filmen zur Archäologie in Westfalen; dem Publikum spontan begegnen – und zwar in Shopping-Malls; raus aus dem Elfenbeinturm – und zwar im DeLorean, dem Auto aus „Zurück in die Zukunft“ …
Aus ersten Stichworten wurde ein Pionier-Projekt der LWL-Kultur: Die »Archäologische Zeitmaschine« bekam ihren Namen, erste Konturen – und die Zusage zur Realisierung. Zielsetzung, Zeitplan, Finanzierungsplan, Projektstruktur wurden geschaffen – es konnte losgehen!
Kick-Off & folgende Workshops
Mit einem Kick-Off-Workshop starten wir am 16. September 2020 die inhaltliche Konzeption der VR-Filme. In einem World-Café diskutieren 25 Expert:innen Themenskizzen, Chancen, Risiken und Erwartungen – eine kostbare Basis.
Der Herbst 2020 füllt sich mit kleineren Workshops zu jedem VR-Film: Was ist gesichertes Wissen? Welche Objekte liegen vor? Was sollen die Filme erzählen? Wie kann eine Szene aussehen? Und: ist das in VR überhaupt machbar? Im November – vor dem zweiten Lockdown der Pandemiezeit – sind die ersten Entwürfe für drei Storyboards fertig!
Eine Ausschreibung später haben wir die preisgekrönten VR-Filmproduzenten Faber-Courtial für das Herzstück unseres Projekts gewonnen. Sie sind renommiert in archäologischen Themen und hochkarätigen Filmen. Wir jubeln!
Der DeLorean: Unser Eyecatcher
Einem überaus engagierten Bastler aus Münster verdanken wir eine weitere Überraschung: Wir können tatsächlich eine „Zeitmaschine“ ausleihen als Eyecatcher auf dem Präsentationsstand in den Shopping-Malls: Er hat einen echten DeLorean mit den originalgetreuen Anbauten: Flux-Kompensator, Plutoniumtank, Beleuchtung … Wir jubeln wieder!
Wohin mit all dem archäologischen Wissen?
Wohin packen wir das immense archäologische Wissen, das hinter den VR-Filmen und der Roadshow steht? In Social Media! Die Zielgruppe definieren wir so präzise wie pragmatisch mit „alle“. Also müssen die Formate verständlich und unterhaltsam sein, anschaulich und kurzweilig. »Wissenschaft für alle« heißt die Devise, »hochwertiges Edutainment« das Prinzip. Na klar: Die neu belebten Kanäle sollen nach dem Event weiter bespielt werden und dafür braucht es Zeit – Arbeitszeit, die bisher auch schon stets gut gefüllt war. Also muss ein ausgefeiltes Konzept her, das uns sagt, was wir wie und wann tun – und was wir unterlassen. Wir entscheiden uns für eine Dokumentarfilm-Serie auf YouTube (»Eine archäologische Zeitreise«), eine Kurzvideo-Serie (»Show & Tell«), ein Quizz, Stories und Bilder-Posts auf Instagram, einen fluffigen Blog mit wissenschaftlichen Beiträgen auf der Projektwebsite und eine Facebook-Seite (technische Bedingung für die Instagram-Business-Seite).
Sind wir im Zeitplan?
Ja! Die ganze Zeit. Trotz der einen oder anderen Verschiebung, verlängerten Lieferzeiten, hier und da unerwartetem Klärungsbedarf, doppelten Prüfungen wichtiger Faktoren und einer gewissen Eigendynamik, die Projekte nun mal haben, insbesondere in Pandemie-Zeiten mit angezogener Handbremse durch die bekannten Beschränkungen hier und einigen Mehraufwand da.
Produktion I: VR & Realdreh
Besonders spannend wird es im Herbst/Winter 2021/2022: Die VR-Filme nehmen immer mehr Gestalt an. Wir sehen Zwischenstände und reiben uns die Augen: So riesig ist das Feldlager? So eng ist es in der Burg? So detailgetreu sieht man die Megalithen?
Dann werden die realen Szenen gedreht: Alles, was sich direkt vor der Kamera abspielt, also nah am Publikum stehen wird, muss mit echten Menschen und echten Requisiten im Studio gedreht werden. Wir besorgen Steinzeit-Schick, eine komplette römische Legionärs-Ausrüstung und mittelalterliche Kleidung – den Reenactment-Gruppen sei Dank – Repliken von neolithischen Keramik-Gefäße und dem Holsterburg-Pferdchen werden als Requisiten für den Dreh 3D-gescannt, gedruckt und koloriert.
Zwei Volontäre fahren kurz vor Weihnachten mit einem randvoll bepackten Auto zum Filmstudio und überwachen die Kostümierung am Set.
Produktion II: Social Media
Ab dem zweiten Quartal 2021 geht es auch in Social Medias Res, sprich: zur Sache mit der Produktion des Contents für unsere Kanäle. Wir kreisen die Themen ein, entwickeln Fragestellungen, wählen Fundstücke als „Hauptdarsteller“ aus, schreiben Drehbücher, fragen Expert:innen an, planen Drehtermine, schneiden Filme, fotografieren im selbst gebauten Studio. Derweil geraten wir mit unseren wunderbaren Mitstreiter:innen an der einen oder anderen Stelle in turbulente wissenschaftliche Untiefen (siehe beispielhaft die Blog-Beiträge »Das große Graben«, »Wolnandus« und »Alle Hermanns«). Herrlich!
Die »Archäologische Zeitmaschine« startet!
Wenn jetzt alles da ist, kann es endlich losgehen. Das heißt: Die Filme, VR-Brillen, der Social Media-Content, Mietverträge mit den Malls, der Leihvertrag für den DeLorean, die Standmöbel, Fahrzeuge, Unterkünfte, Standbetreuer, Versicherungen, die VIPs zu den Eröffnungen etc pp.
Nicht alles lief immer glatt hinter den Kulissen…
Und eine Pandemie gab es auch
Bilanz:
Die »Archäologische Zeitmaschine« -
rund 3 Jahre Vorplanung, 2 Jahre operative Arbeit, 34 archäologische Expert:innen, 9 Fachfirmen, mehr als 6.000 E-Mails, 5 Workshops, 21 Drehtage
waren zu ihrer Realisierung erforderlich.
Die Autorin ist Projektleiterin für die »Archäologische Zeitmaschine« bei der Altertumskommission für Westfalen.